(Nr. 1259.) Gesetz, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung. Vom 17. Juli 1878.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
Artikel 1.
An Stelle des Titels VII der Gewerbeordnung treten nachfolgende Bestimmungen:
Titel VII.
Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter).
1. Allgemeine Verhältnisse.
§. 105.
Die Festsetzung der Verhältnisse zwischen den selbständigen Gewerbetrei-
benden und den gewerblichen Arbeitern ist, vorbehaltlich der durch Reichsgesetz
begründeten Beschränkungen, Gegenstand freier Uebereinkunft.
Zum Arbeiten an Sonn- und Festtagen können die Gewerbetreibenden
die Arbeiter nicht verpflichten. Arbeiten, welche nach der Natur des Gewerbe-
betriebes einen Aufschub oder eine Unterbrechung nicht gestatten, fallen unter
die vorstehende Bestimmung nicht.
Welche Tage als Festtage gelten, bestimmen die Landesregierungen.
§. 106.
Gewerbetreibende, welchen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind,
dürfen, so lange ihnen diese Rechte entzogen bleiben, mit der Anleitung von
Arbeitern unter achtzehn Jahren sich nicht befassen.
Die Entlassung der dem vorstehenden Verbot zuwider beschäftigten Ar-
beiter kann polizeilich erzwungen werden.
§. 107.
Personen unter einundzwanzig Jahren dürfen, soweit reichsgesetzlich nicht
ein Anderes zugelassen ist, als Arbeiter nur beschäftigt werden, wenn sie mit
einem Arbeitsbuche versehen sind. Bei der Annahme solcher Arbeiter hat der
Arbeitgeber das Arbeitsbuch einzufordern. Er ist verpflichtet, dasselbe zu ver-
wahren, auf amtliches Verlangen vorzulegen und nach rechtmäßiger Lösung des
Arbeitsverhältnisses dem Arbeiter wieder auszuhändigen.
Auf Kinder, welche zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind, finden
vorstehende Bestimmungen keine Anwendung.
§. 108.
Das Arbeitsbuch wird dem Arbeiter durch die Polizeibehörde desjenigen
Ortes, an welchem er zuletzt seinen dauernden Aufenthalt gehabt hat, kosten-
und stempelfrei ausgestellt. Die Ausstellung erfolgt auf Antrag oder mit Zu-
stimmung des Vaters oder Vormundes; ist die Erklärung des Vaters nicht zu
beschaffen, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung desselben ergänzen.
Vor der Ausstellung ist nachzuweisen, daß der Arbeiter zum Besuche der Volks-
schule nicht mehr verpflichtet ist, und glaubhaft zu machen, daß bisher ein
Arbeitsbuch für ihn noch nicht ausgestellt war.
§. 109.
Wenn das Arbeitsbuch vollständig ausgefüllt oder nicht mehr brauchbar,
oder wenn es verloren gegangen oder vernichtet ist, so wird an Stelle desselben
ein neues Arbeitsbuch ausgestellt. Die Ausstellung erfolgt durch die Polizei-
behörde desjenigen Ortes, an welchem der Inhaber des Arbeitsbuches zuletzt
seinen dauernden Aufenthalt gehabt hat. Das ausgefüllte oder nicht mehr
brauchbare Arbeitsbuch ist durch einen amtlichen Vermerk zu schließen.
Wird das neue Arbeitsbuch an Stelle eines nicht mehr brauchbaren, eines
verloren gegangenen oder vernichteten Arbeitsbuches ausgestellt, so ist dies darin
zu vermerken. Für die Ausstellung kann in diesem Falle eine Gebühr bis zu
fünfzig Pfennig erhoben werden.
§. 110.
Das Arbeitsbuch (§. 108) muß den Namen des Arbeiters, Ort, Jahr
und Tag seiner Geburt, sowie seine Unterschrift enthalten. Die Ausstellung
erfolgt unter dem Siegel und der Unterschrift der Behörde. Letztere hat über
die von ihr ausgestellten Arbeitsbücher ein Verzeichniß zu führen.
Die Einrichtung der Arbeitsbücher wird durch den Reichskanzler bestimmt.
§. 111.
Bei dem Eintritte des Arbeiters in das Arbeitsverhältniß hat der Arbeit-
geber an der dafür bestimmten Stelle des Arbeitsbuches die Zeit des Eintrittes
und die Art der Beschäftigung, am Ende des Arbeitsverhältnisses die Zeit des
Austrittes und, wenn die Beschäftigung Aenderungen erfahren hat, die Art der
letzten Beschäftigung des Arbeiters einzutragen.
Die Eintragungen sind mit Dinte zu bewirken und von dem Arbeitgeber
zu unterzeichnen. Sie dürfen nicht mit einem Merkmal versehen sein, welches
den Inhaber des Arbeitsbuches günstig oder nachtheilig zu kennzeichnen bezweckt.
Die Eintragung eines Urtheils über die Führung oder die Leistungen des
Arbeiters und sonstige durch dieses Gesetz nicht vorgesehene Eintragungen oder
Vermerke in oder an dem Arbeitsbuche sind unzulässig.
§. 112.
Ist das Arbeitsbuch bei dem Arbeitgeber unbrauchbar geworden, verloren
gegangen oder vernichtet, oder sind von dem Arbeitgeber unzulässige Eintragungen
oder Vermerke in oder an dem Arbeitsbuche gemacht, oder wird von dem Arbeit-
geber ohne rechtmäßigen Grund die Aushändigung des Arbeitsbuches verweigert,
so kann die Ausstellung eines neuen Arbeitsbuches auf Kosten des Arbeitgebers
beansprucht werden.
Ein Arbeitgeber, welcher das Arbeitsbuch seiner gesetzlichen Verpflichtung
zuwider nicht rechtzeitig ausgehändigt oder die vorschriftsmäßigen Eintragungen
zu machen unterlassen oder unzulässige Eintragungen oder Vermerke gemacht
hat, ist dem Arbeiter entschädigungspflichtig. Der Anspruch auf Entschädigung
erlischt, wenn er nicht innerhalb vier Wochen nach seiner Entstehung im Wege
der Klage oder Einrede geltend gemacht ist.
§. 113.
Beim Abgange können die Arbeiter ein Zeugniß über die Art und Dauer
ihrer Beschäftigung fordern.
Dieses Zeugniß ist auf Verlangen der Arbeiter auch auf ihre Führung
auszudehnen.
§. 114.
Auf Antrag des Arbeiters hat die Ortspolizeibehörde die Eintragung in
das Arbeitsbuch und das dem Arbeiter etwa ausgestellte Zeugniß kosten- und
stempelfrei zu beglaubigen.
§. 115.
Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter baar in
Reichswährung auszuzahlen.
Sie dürfen denselben keine Waaren kreditiren. Die Verabfolgung von
Lebensmitteln an die Arbeiter fällt, sofern sie zu einem die Anschaffungskosten
nicht übersteigenden Preise erfolgt, unter die vorstehende Bestimmung nicht;
auch können den Arbeitern Wohnung, Feuerung, Landnutzung, regelmäßige
Beköstigung, Arzneien und ärztliche Hülfe, sowie Werkzeuge und Stoffe zu den
ihnen übertragenen Arbeiten unter Anrechnung bei der Lohnzahlung verabfolgt
werden.
§. 116.
Arbeiter, deren Forderungen in einer dem §.115 zuwiderlaufenden Weise
berichtigt worden sind, können zu jeder Zeit Zahlung nach Maßgabe des §. 115
verlangen, ohne daß ihnen eine Einrede aus dem an Zahlungsstatt Gegebenen
entgegengesetzt werden kann. Letzteres fällt, soweit es noch bei dem Empfänger
vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, derjenigen Hülfskasse zu, welcher der
Arbeiter angehört, in Ermangelung einer solchen einer anderen zum Besten der
Arbeiter an dem Orte bestehenden, von der Gemeindebehörde zu bestimmenden
Kasse und in deren Ermangelung der Ortsarmenkasse.
§. 117.
Verträge, welche dem §. 115 zuwiderlaufen, sind nichtig.
Dasselbe gilt von Verabredungen zwischen den Gewerbetreibenden und den
von ihnen beschäftigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfnisse der letzteren
aus gewissen Verkaufsstellen, sowie überhaupt über die Verwendung des Ver-
dienstes derselben zu einem anderen Zweck als zur Betheiligung an Einrichtungen
zur Verbesserung der Lage der Arbeiter oder ihrer Familien.
§. 118.
Forderungen für Waaren, welche dem §. 115 zuwider kreditirt worden
sind, können von dem Gläubiger weder eingeklagt, noch durch Anrechnung oder
sonst geltend gemacht werden, ohne Unterschied, ob sie zwischen den Betheiligten
unmittelbar entstanden oder mittelbar erworben sind. Dagegen fallen dergleichen
Forderungen der in §. 116 bezeichneten Kasse zu.
§. 119.
Den Gewerbetreibenden im Sinne der §§. 115 bis 118 sind gleich zu achten
deren Familienglieder, Gehülfen, Beauftragte, Geschäftsführer, Aufseher und
Faktoren, sowie andere Gewerbetreibende, bei deren Geschäft eine der hier erwähn-
ten Personen unmittelbar oder mittelbar betheiligt ist.
Unter den in §§. 115 bis 118 bezeichneten Arbeitern werden auch die-
jenigen Personen verstanden, welche für bestimmte Gewerbetreibende außerhalb
der Arbeitsstätten der letzteren mit der Anfertigung gewerblicher Erzeugnisse be-
schäftigt sind.
§. 120.
Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, bei der Beschäftigung von Ar-
beitern unter achtzehn Jahren die durch das Alter derselben gebotene besondere
Rücksicht auf Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen.
Sie haben ihren Arbeitern unter achtzehn Jahren, welche eine von der
Gemeindebehörde oder vom Staate als Fortbildungsschule anerkannte Unterrichts-
anstalt besuchen, hierzu die, erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde
festzusetzende Zeit zu gewähren. Für Arbeiter unter achtzehn Jahren kann die
Verpflichtung zum Besuche einer Fortbildungsschule, soweit die Verpflichtung nicht
landesgesetzlich besteht, durch Ortsstatut (§. 142) begründet werden.
Die Gewerbeunternehmer sind endlich verpflichtet, alle diejenigen Einrich-
tungen herzustellen und zu unterhalten, welche mit Rücksicht auf die besondere
Beschaffenheit des Gewerbebetriebes und der Betriebsstätte zu thunlichster Sicher-
heit gegen Gefahr für Leben und Gesundheit nothwendig sind. Darüber, welche
Einrichtungen für alle Anlagen einer bestimmten Art herzustellen sind, können
durch Beschluß des Bundesraths Vorschriften erlassen werden. Soweit solche
nicht erlassen sind, bleibt es den nach den Landesgesetzen zuständigen Behörden
überlassen, die erforderlichen Bestimmungen zu treffen.
§. 120 a.
Streitigkeiten der selbständigen Gewerbetreibenden mit ihren Arbeitern,
die auf den Antritt, die Fortsetzung oder Aufhebung des Arbeitsverhältnisses,
auf die gegenseitigen Leistungen aus demselben, auf die Ertheilung oder den
Inhalt der Arbeitsbücher oder Zeugnisse sich beziehen, sind, soweit für diese
Angelegenheiten besondere Behörden bestehen, bei diesen zur Entscheidung zu
bringen.
Insoweit solche besondere Behörden nicht bestehen, erfolgt die Entscheidung
durch die Gemeindebehörde. Gegen diese Entscheidung steht die Berufung auf
den Rechtsweg binnen zehn Tagen offen; die vorläufige Vollstreckung wird durch
die Berufung nicht aufgehalten.
Durch Ortsstatut (§. 142) können an Stelle der gegenwärtig hierfür be-
stimmten Behörden Schiedsgerichte mit der Entscheidung betraut werden. Die-
selben sind durch die Gemeindebehörde unter gleichmäßiger Zuziehung von Arbeit-
gebern und Arbeitern zu bilden.
2. Verhältnisse der Gesellen und Gehülfen.
§. 121.
Gesellen und Gehülfen sind verpflichtet, den Anordnungen der Arbeit-
geber in Beziehung auf die ihnen übertragenen Arbeiten und auf die häuslichen
Einrichtungen Folge zu leisten; zu häuslichen Arbeiten sind sie nicht verbunden.
§. 122.
Das Arbeitsverhältniß zwischen den Gesellen oder Gehülfen und ihren
Arbeitgebern kann, wenn nicht ein Anderes verabredet ist, durch eine jedem Theile
freistehende, vierzehn Tage vorher erklärte Aufkündigung gelöst werden.
§. 123.
Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung können
Gesellen und Gehülfen entlassen werden:
1. wenn sie bei Abschluß des Arbeitsvertrages den Arbeitgeber durch
Vorzeigung falscher oder verfälschter Arbeitsbücher oder Zeugnisse
hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig
verpflichtenden Arbeitsverhältnisses in einen Irrthum versetzt haben;
2. wenn sie eines Diebstahls, einer Entwendung, einer Unterschlagung,
eines Betruges oder eines liederlichen Lebenswandels sich schuldig machen;
3. wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst den nach dem
Arbeitsvertrage ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzukommen be-
harrlich verweigern;
4. wenn sie der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvorsichtig
umgehen;
5. wenn sie sich Thätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen den Arbeit-
geber oder seine Vertreter oder gegen die Familienangehörigen des
Arbeitgebers oder seiner Vertreter zu Schulden kommen lassen;
6. wenn sie einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Sachbeschädigung zum
Nachtheil des Arbeitgebers oder eines Mitarbeiters sich schuldig machen;
7. wenn sie Familienangehörige des Arbeitgebers oder seiner Vertreter
oder Mitarbeiter zu Handlungen verleiten oder mit Familienangehö-
rigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter Handlungen begehen,
welche wider die Gesetze oder die guten Sitten verstoßen;
8. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig oder mit einer abschrecken-
den Krankheit behaftet sind.
In den unter Nr. 1 bis 7 gedachten Fällen ist die Entlassung nicht mehr
zulässig, wenn die zu Grunde liegenden Thatsachen dem Arbeitgeber länger als
eine Woche bekannt sind.
Inwiefern in den unter Nr. 8 gedachten Fällen dem Entlassenen ein An-
spruch auf Entschädigung zustehe, ist nach dem Inhalt des Vertrages und nach
den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zu beurtheilen.
§. 124.
Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung können
Gesellen und Gehülfen die Arbeit verlassen:
1. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig werden;
2. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Thätlichkeiten oder grobe
Beleidigungen gegen die Arbeiter oder gegen ihre Familienangehörigen
zu Schulden kommen lassen;
3. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter oder Familienangehörige
derselben die Arbeiter oder deren Familienangehörige zu Handlungen
verleiten oder mit den Familienangehörigen der Arbeiter Handlungen
begehen, welche wider die Gesetze oder die guten Sitten laufen;
4. wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den schuldigen Lohn nicht in der
bedungenen Weise auszahlt, bei Stücklohn nicht für ihre ausreichende
Beschäftigung sorgt, oder wenn er sich widerrechtlicher Uebervorthei-
lungen gegen sie schuldig macht;
5. wenn bei Fortsetzung der Arbeit das Leben oder die Gesundheit der
Arbeiter einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei
Eingehung des Arbeitsvertrages nicht zu erkennen war.
In den unter Nr. 2 und 3 gedachten Fällen ist der Austritt aus der
Arbeit nicht mehr zulässig, wenn die zu Grunde liegenden Thatsachen dem Ar-
beiter länger als eine Woche bekannt sind.
§. 125.
Ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehülfen verleitet, vor recht-
mäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit zu verlassen, ist dem
früheren Arbeitgeber für den dadurch entstehenden Schaden als Selbstschuldner
mitverhaftet. In gleicher Weise haftet ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen
oder Gehülfen annimmt oder behält, von dem er weiß, daß derselbe einem
anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist.
3. Lehrlingsverhältnisse.
§. 126.
Der Lehrherr ist verpflichtet, den Lehrling in den bei seinem Betriebe vor-
kommenden Arbeiten des Gewerbes in der durch den Zweck der Ausbildung
gebotenen Reihenfolge und Ausdehnung zu unterweisen. Er muß entweder selbst
oder durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten Vertreter die Ausbil-
dung des Lehrlings leiten. Er darf dem Lehrling die zu seiner Ausbildung und
zum Besuche des Gottesdienstes an Sonn- und Festtagen erforderliche Zeit und
Gelegenheit durch Verwendung zu anderen Dienstleistungen nicht entziehen. Er
hat den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anzuhalten und vor
Ausschweifungen zu bewahren.
§. 127.
Der Lehrling ist der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen. Dem-
jenigen gegenüber, welcher an Stelle des Lehrherrn seine Ausbildung zu leiten
hat, ist er zur Folgsamkeit verpflichtet.
§. 128.
Das Lehrverhältniß kann, wenn eine längere Frist nicht vereinbart ist,
während der ersten vier Wochen nach Beginn der Lehrzeit durch einseitigen
Rücktritt aufgelöst werden. Eine Vereinbarung, wonach diese Probezeit mehr
als drei Monate betragen soll, ist nichtig.
Nach Ablauf der Probezeit kann der Lehrling vor Beendigung der verab-
redeten Lehrzeit entlassen werden, wenn einer der im §. 123 vorgesehenen Fälle
auf ihn Anwendung findet.
Von Seiten des Lehrlings kann das Lehrverhältniß nach Ablauf der
Probezeit aufgelöst werden:
1. wenn einer der im §. 124 unter Nr. 1, 3 bis 5 vorgesehenen Fälle
vorliegt;
2. wenn der Lehrherr seine gesetzlichen Verpflichtungen gegen den Lehr-
ling in einer die Gesundheit, die Sittlichkeit oder die Ausbildung des
Lehrlings gefährdenden Weise vernachlässigt, oder das Recht der väter-
lichen Zucht mißbraucht oder zur Erfüllung der ihm vertragsmäßig
obliegenden Verpflichtungen unfähig wird.
Der Lehrvertrag wird durch den Tod des Lehrlings aufgehoben. Durch
den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag als aufgehoben, sofem die Auf-
hebung innerhalb vier Wochen geltend gemacht wird.
§. 129.
Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehrling unter
Angabe des Gewerbes, in welchem der Lehrling unterwiesen worden ist, über
die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse und
Fertigkeiten, sowie über sein Betragen ein Zeugniß auszustellen, welches von
der Gemeindebehörde kosten- und stempelfrei zu beglaubigen ist.
An Stelle dieser Zeugnisse können, wo Innungen oder andere Vertretungen
der Gewerbetreibenden bestehen, die von diesen ausgestellten Lehrbriefe treten.
§. 130.
Verläßt der Lehrling in einem durch dies Gesetz nicht vorgesehenen Falle
ohne Zustimmung des Lehrherrn die Lehre, so kann letzterer den Anspruch auf
Rückkehr des Lehrlings nur geltend machen, wenn der Lehrvertrag schriftlich
geschlossen ist. Die Polizeibehörde kann in diesem Falle auf Antrag des Lehr-
herrn den Lehrling anhalten, so lange in der Lehre zu verbleiben, als durch
gerichtliches Urtheil das Lehrverhältniß nicht für aufgelöst erklärt ist. Der Antrag
ist nur zulässig, wenn er binnen einer Woche nach dem Austritte des Lehrlings
gestellt ist. Im Falle der Weigerung kann die Polizeibehörde den Lehrling
zwangsweise zurückführen lassen, oder durch Androhung von Geldstrafe bis zu
fünfzig Mark oder Haft bis zu fünf Tagen zur Rückkehr ihn anhalten.
§. 131.
Wird von dem Vater oder Vormund für den Lehrling, oder, sofern der
letztere großjährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn die schriftliche Erklärung
abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen Berufe
übergehen werde, so gilt das Lehrverhältniß, wenn der Lehrling nicht früher
entlassen wird, nach Ablauf von vier Wochen als aufgelöst. Den Grund der
Auflösung hat der Lehrherr in dem Arbeitsbuche zu vermerken.
Binnen neun Monaten nach der Auflösung darf der Lehrling in demselben
Gewerbe von einem anderen Arbeitgeber ohne Zustimmung des früheren Lehr-
herrn nicht beschäftigt werden.
§. 132.
Erreicht das Lehrverhältniß vor Ablauf der verabredeten Lehrzeit sein Ende,
so kann von dem Lehrherrn oder von dem Lehrling ein Anspruch auf Ent-
schädigung nur geltend gemacht werden, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen
ist. In den Fällen des §. 128 Abs. 1 und 4 kann der Anspruch nur geltend
gemacht werden, wenn dieses in dem Lehrvertrage untei Festsetzung der Art und
Höhe der Entschädigung vereinbart ist.
Der Anspruch auf Entschädigung erlischt, wenn er nicht innerhalb vier
Wochen nach Auflösung des Lehrverhältnisses im Wege der Klage oder Einrede
geltend gemacht ist.
§. 133.
Ist von dem Lehrherrn das Lehrverhältniß aufgelöst worden, weil der
Lehrling die Lehre unbefugt verlassen hat, so ist die von dem Lehrherrn bean-
spruchte Entschädigung, wenn in dem Lehrvertrage ein Anderes nicht ausbedungen
ist, auf einen Betrag festzusetzen, welcher für jeden auf den Tag des Vertrags-
bruches folgenden Tag der Lehrzeit, höchstens aber für sechs Monate, bis auf
die Hälfte des in dem Gewerbe des Lehrherrn den Gesellen oder Gehülfen orts-
üblich gezahlten Lohnes sich belaufen darf.
Für die Zahlung der Entschädigung sind als Selbstschuldner mitverhaftet
der Vater des Lehrlings sowie derjenige Arbeitgeber, welcher den Lehrling zum
Verlassen der Lehre verleitet oder welcher ihn in Arbeit genommen hat, obwohl
er wußte, daß der Lehrling zur Fortsetzung eines Lehrverhältnisses noch ver-
pflichtet war. Hat der Entschädigungsberechtigte erst nach Auflösung des Lehr-
verhältnisses von der Person des Arbeitgebers, welcher den Lehrling verleitet
oder in Arbeit genommen hat, Kenntniß erhalten, so erlischt gegen diese der
Entschädigungsanspruch erst, wenn derselbe nicht innerhalb vier Wochen nach
erhaltener Kenntniß geltend gemacht ist.
4. Verhältnisse der Fabrikarbeiter.
§. 134.
Auf Fabrikarbeiter finden die Bestimmungen der §§. 121 bis 125 oder,
wenn die Fabrikarbeiter als Lehrlinge anzusehen sind, die Bestimmungen der
§§. 126 bis 133 Anwendung.
§. 135.
Kinder unter zwölf Jahren dürfen in Fabriken nicht beschäftigt werden.
Die Beschäftigung von Kindern unter vierzehn Jahren darf die Dauer
von sechs Stunden täglich nicht überschreiten.
Kinder, welche zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind, dürfen in
Fabriken nur dann beschäftigt werden, wenn sie in der Volksschule oder in einer
von der Schulaufsichtsbehörde genehmigten Schule und nach einem von ihr ge-
nehmigten Lehrplane einen regelmäßigen Unterricht von mindestens drei Stunden
täglich genießen.
Junge Leute zwischen vierzehn und sechszehn Jahren dürfen in Fabriken
nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden.
Wöchnerinnen dürfen während drei Wochen nach ihrer Niederkunft nicht
beschäftigt werden.
§. 136.
Die Arbeitsstunden der jugendlichen Arbeiter (§. 135) dürfen nicht vor
5½ Uhr Morgens beginnen und nicht über 8½ Uhr Abends dauern. Zwischen
den Arbeitsstunden müssen an jedem Arbeitstage regelmäßige Pausen gewährt
werden. Die Pausen müssen für Kinder eine halbe Stunde, für junge Leute
zwischen vierzehn und sechszehn Jahren Mittags eine Stunde, sowie Vormittags
und Nachmittags je eine halbe Stunde mindestens betragen.
Während der Pausen darf den jugendlichen Arbeitern eine Beschäftigung
in dem Fabrikbetriebe überhaupt nicht und der Aufenthalt in den Arbeitsräumen
nur dann gestattet werden, wenn in denselben diejenigen Theile des Betriebes,
in welchen jugendliche Arbeiter beschäftigt sind, für die Zeit der Pausen völlig
eingestellt werden.
An Sonn- und Festtagen, sowie während der von dem ordentlichen
Seelsorger für den Katechumenen- und Konfirmanden-, Beicht- und Kom-
munion-Unterricht bestimmten Stunden dürfen jugendliche Arbeiter nicht be-
schäftigt werden.
§. 137.
Die Beschäftigung eines Kindes in Fabriken ist nicht gestattet, wenn dem
Arbeitgeber nicht zuvor für dasselbe eine Arbeitskarte eingehändigt ist. Eines
Arbeitsbuches bedarf es daneben nicht.
Die Arbeitskarten werden auf Antrag oder mit Zustimmung des Vaters
oder Vormundes durch die Ortspolizeibehörde kosten- und stempelfrei ausgestellt;
ist die Erklärung des Vaters nicht zu beschaffen, so kann die Gemeindebehörde
die Zustimmung desselben ergänzen. Sie haben den Namen, Tag und Jahr
der Geburt sowie die Religion des Kindes, den Namen, Stand und letzten
Wohnort des Vaters oder Vormundes und außerdem die zur Erfüllung der
gesetzlichen Schulpflicht (§. 135) getroffenen Einrichtungen anzugeben.
Der Arbeitgeber hat die Arbeitskarte zu verwahren, auf amtliches Ver-
langen jederzeit vorzulegen und am Ende des Arbeitsverhältnisses dem Vater
oder Vormund wieder auszuhändigen. Ist die Wohnung des Vaters nicht zu
ermitteln, so erfolgt die Zustellung der Arbeitskarte an die Mutter oder den
sonstigen nächsten Angehörigen des Kindes.
§. 138.
Sollen jugendliche Arbeiter in Fabriken beschäftigt werden, so hat der
Arbeitgeber vor dem Beginn der Beschäftigung der Ortspolizeibehörde eine
schriftliche Anzeige zu machen.
In der Anzeige sind die Fabrik, die Wochentage, an welchen die Beschäf-
tigung stattfinden soll, Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Pausen, sowie
die Art der Beschäftigung anzugeben. Eine Aenderung hierin darf, abgesehen
von Verschiebungen, welche durch Ersetzung behinderter Arbeiter für einzelne
Arbeitsschichten nothwendig werden, nicht erfolgen, bevor eine entsprechende
weitere Anzeige der Behörde gemacht ist.
In jeder Fabrik hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, daß in den Fabrik-
räumen, in welchen jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, an einer in die
Augen fallenden Stelle ein Verzeichniß der jugendlichen Arbeiter unter Angabe
ihrer Arbeitstage sowie des Beginns und Endes ihrer Arbeitszeit und der
Pausen ausgehängt ist. Ebenso hat er dafür zu sorgen, daß in den bezeichneten
Räumen eine Tafel ausgehängt ist, welche in der von der Zentralbehörde zu
bestimmenden Fassung und in deutlicher Schrift einen Auszug aus den Bestim-
mungen über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter enthält.
§. 139.
Wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Betrieb einer
Fabrik unterbrochen haben, so können Ausnahmen von den in §. 135 Abs. 2
bis 4 und in §. 136 vorgesehenen Beschränkungen auf die Dauer von vier
Wochen durch die höhere Verwaltungsbehörde, auf längere Zeit durch den Reichs-
kanzler nachgelassen werden. In dringenden Fällen solcher Art, sowie zur Ver-
hütung von Unglücksfällen kann die Ortspolizeibehörde, jedoch höchstens auf die
Dauer von vierzehn Tagen, solche Ausnahmen gestatten.
Wenn die Natur des Betriebes oder Rücksichten auf die Arbeiter in ein-
zelnen Fabriken es erwünscht erscheinen lassen, daß die Arbeitszeit der jugendlichen
Arbeiter in einer anderen als der durch §. 136 vorgesehenen Weise geregelt wird,
so kann auf besonderen Antrag eine anderweite Regelung hinsichtlich der Pausen
durch die höhere Verwaltungsbehörde, im übrigen durch den Reichskanzler
gestattet werden. Jedoch dürfen in solchen Fällen die jugendlichen Arbeiter nicht
länger als sechs Stunden beschäftigt werden, wenn zwischen den Arbeitsstunden
nicht Pausen von zusammen mindestens einstündiger Dauer gewährt werden.
Die auf Grund vorstehender Bestimmungen zu treffenden Verfügungen
müssen schriftlich erlassen werden.
§. 139 a.
Durch Beschluß des Bundesraths kann die Verwendung von jugendlichen
Arbeitern sowie von Arbeiterinnen für gewisse Fabrikationszweige, welche mit
besonderen Gefahren für Gesundheit oder Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich
untersagt oder von besonderen Bedingungen abhängig gemacht werden. Ins-
besondere kann für gewisse Fabrikationszweige die Nachtarbeit der Arbeiterinnen
untersagt werden.
Durch Beschluß des Bundesraths können für Spinnereien, für Fabriken,
welche mit ununterbrochenem Feuer betrieben werden, oder welche sonst durch
die Art des Betriebes auf eine regelmäßige Tag- und Nachtarbeit angewiesen
sind, sowie für solche Fabriken, deren Betrieb eine Eintheilung in regelmäßige
Arbeitsschichten von gleicher Dauer nicht gestattet oder seiner Natur nach auf
bestimmte Jahreszeiten beschränkt ist, Ausnahmen von den in §. 135 Abs. 2 bis
4 und in §. 136 vorgesehenen Beschränkungen nachgelassen werden. Jedoch darf
in solchen Fällen die Arbeitszeit für Kinder die Dauer von sechsunddreißig
Stunden und für junge Leute die Dauer von sechszig, in Spinnereien von
sechsundsechszig Stunden wöchentlich nicht überschreiten.
Die durch Beschluß des Bundesraths getroffenen Bestimmungen sind dem
nächstfolgenden Reichstag vorzulegen. Sie sind außer Kraft zu setzen, wenn der
Reichstag dies verlangt.
§. 139 b.
Die Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen der §§. 135 bis
139 a, sowie des §. 120 Abs. 3 in seiner Anwendung auf Fabriken ist aus-
schließlich oder neben den ordentlichen Polizeibehörden besonderen von den Landes-
regierungen zu ernennenden Beamten zu übertragen. Denselben stehen bei Aus-
übung dieser Aufsicht alle amtlichen Befugnisse der Ortspolizeibehörden, insbeson-
dere das Recht zur jederzeitigen Revision der Fabriken zu. Sie sind, vorbehaltlich
der Anzeige von Gesetzwidrigkeiten, zur Geheimhaltung der amtlich zu ihrer
Kenntniß gelangenden Geschäfts- und Betriebsverhältnisse der ihrer Revision
unterliegenden Fabriken zu verpflichten.
Die Ordnung der Zuständigkeitsverhältnisse zwischen diesen Beamten und
den ordentlichen Polizeibehörden bleibt der verfassungsmäßigen Regelung in den
einzelnen Bundesstaaten vorbehalten.
Die erwähnten Beamten haben Jahresberichte über ihre amtliche Thätigkeit
zu erstatten. Diese Jahresberichte oder Auszüge aus denselben sind dem Bundes-
rath und dem Reichstag vorzulegen.
Auf Antrag der Landesregierungen kann für solche Bezirke, in welchen
Fabrikbetriebe gar nicht oder nur in geringem Umfange vorhanden sind, durch
Beschluß des Bundesraths von der Anstellung besonderer Beamten abgesehen
werden.
Die auf Grund der Bestimmungen der §§. 135 bis 139 a sowie des
§. 120 Abs. 3 in seiner Anwendung auf Fabriken auszuführenden amtlichen
Revisionen müssen die Arbeitgeber zu jeder Zeit, namentlich auch in der Nacht,
während die Fabriken im Betriebe sind, gestatten.
Artikel 2.
An Stelle der nachstehend bezeichneten Vorschriften der Gewerbeordnung
treten die folgenden Bestimmungen:
1. an Stelle des §. 146:
Mit Geldstrafe bis zu zweitausend Mark und im Unvermögensfalle mit
Gefängniß bis zu sechs Monaten werden bestraft:
1. Gewerbetreibende, welche bei der Zahlung des Lohnes oder bei dem
Verkaufe von Waaren an die Arbeiter dem §. 115 zuwiderhandeln;
2. Gewerbetreibende, welche den §§. 135, 136 oder den auf Grund der
§§. 139, 139 a getroffenen Verfügungen zuwider Arbeiterinnen oder
jugendlichen Arbeitern Beschäftigung geben.
Die Geldstrafen fließen der im §.116 bezeichneten Kasse zu.
2. an Stelle des ersten Absatzes des §. 147:
Mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark und im Unvermögensfalle mit
Haft wird bestraft:
1. wer den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes, zu dessen
Beginn eine besondere polizeiliche Genehmigung (Konzession, Appro-
bation, Bestallung) erforderlich ist, ohne die vorschriftsmäßige Genehmi-
gung unternimmt oder fortsetzt, oder von den in der Genehmigung
festgesetzten Bedingungen abweicht;
2. wer eine gewerbliche Anlage, zu der mit Rücksicht auf die Lage oder
Beschaffenheit der Betriebsstätte oder des Lokals eine besondere Ge-
nehmigung erforderlich ist (§§. 16 und 24), ohne diese Genehmigung
errichtet, oder die wesentlichen Bedingungen, unter welchen die Ge-
nehmigung ertheilt worden, nicht innehält, oder ohne neue Genehmi-
gung eine wesentliche Veränderung der Betriebsstätte oder eine Ver-
legung des Lokals oder eine wesentliche Veränderung in dem Betriebe
der Anlage vornimmt;
3. wer, ohne hierzu approbirt zu sein, sich als Arzt (Wundarzt, Augen-
arzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Thierarzt) bezeichnet oder sich einen ähn-
lichen Titel beilegt, durch den der Glauben erweckt wird, der Inhaber
desselben sei eine geprüfte Medizinalperson;
4. wer der Aufforderung der Behörde ungeachtet den Bestimmungen des
§. 120 zuwiderhandelt.
3. an Stelle des ersten Satzes des §. 148:
Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark und im Unvermögensfalle
mit Haft bis zu vier Wochen wird bestraft:
4. an Stelle der Nr. 9 und 10 des §. 148:
9. wer die gesetzlichen Pflichten gegen die ihm anvertrauten Lehrlinge
verletzt;
10. wer wissentlich der Bestimmung im §. 131 Abs. 2 zuwider einen Lehr-
ling beschäftigt.
5. an Stelle des ersten Satzes des §. 149:
Mit Geldstrafe bis zu dreißig Mark und im Unvermögensfalle mit Haft
bis zu acht Tagen wird bestraft:
6. an Stelle der Nr. 7 des §. 149:
7. wer es unterläßt, den durch §§. 138 und 139 b für ihn begründeten
Verpflichtungen nachzukommen.
7. an Stelle des §. 150:
Mit Geldstrafe bis zu zwanzig Mark und im Unvermögensfalle mit Haft
bis zu drei Tagen für jeden Fall der Verletzung des Gesetzes wird bestraft:
1. wer den Bestimmungen der §§. 106 bis 112 zuwider einen Arbeiter
in Beschäftigung nimmt oder behält;
2. wer den Bestimmungen dieses Gesetzes in Ansehung der Arbeitsbücher
und Arbeitskarten zuwiderhandelt;
3. wer vorsätzlich ein auf seinen Namen ausgestelltes Arbeitsbuch unbrauch-
bar macht oder vernichtet.
8. an Stelle des §.154:
Die Bestimmungen der §§. 105 bis 133 finden auf Gehülfen und Lehr-
linge in Apotheken und Handelsgeschäften keine Anwendung.
Die Bestimmungen der §§. 134 bis 139 b finden auf Arbeitgeber und
Arbeiter in Werkstätten, in deren Betrieb eine regelmäßige Benutzung von
Dampfkraft stattfindet, sowie in Hüttenwerken, in Bauhöfen und Werften ent-
sprechende Anwendung.
In gleicher Weise finden Anwendung die Bestimmungen der §§. 115
bis 119 und 135 bis 139 b auf die Besitzer und Arbeiter von Bergwerken,
Salinen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen oder
Gruben.
Arbeiterinnen dürfen in Anlagen der in Absatz 3 bezeichneten Art nicht
unter Tage beschäftigt werden. Zuwiderhandlungen unterliegen der Strafbestim-
mung des §. 146.
Artikel 3.
Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1879 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais bei Potsdam, den 17. Juli 1878.
Im Allerhöchsten Auftrage Seiner Majestät des Kaisers:
(L. S.) Friedrich Wilhelm, Kronprinz.
Fürst v. Bismarck.